Musikalische Geschenke schon im November

Musikalische Geschenke schon im November

Der Glasperlenjazz vom 21.Nov. 2019

Was waren das für spannende Live-Musik-Wochen seit der letzten Sendung!

Da kommt ein Gefühl in mir hoch, das (sorry, grauenhaftes Wort…) heutzutage leider so altmodisch erscheint, dass man meinen möchte, im Duden müsste sich das berühmte Kreuz daneben befinden, das für „veraltet“ steht.

DANKBARKEIT.

Ich sitz da drinnen, zum Beispiel im Kulturhofkeller oder in der Innenhofkultur-moderierten Villa for Forest, bin umgeben von netten Menschen, die ich entweder sowieso kenne, oder aber mit jedem mir bis dato noch Unbekanntem sofort interessante Gespräche beginnen könnte; hab ein Bierchen/ Glas Wein/ Glas Wasser in der Hand. Musiker kommen herein, die uns meist nicht einfach als „Publikum“ sondern als Freunde, als Seelenverwandte sehen; in der Art spielen sie auch für uns : Frei, unbelastet, lust- und freudvoll. Ob die Lokation jetzt bummvoll oder halbleer ist, tut Ihrer Spielfreude anscheinend keinen Abbruch. Nach dem Konzert bleiben viele, ob jetzt nur Insidern bekannt oder „ berühmt“ noch ein wenig da. Man plauscht, tauscht Stimmungen und Meinungen aus, oder blödelt nur ein wenig. Nachdem die Veranstaltungsorte meistens kompakt sind, wird größtenteils keine Verstärkung gebraucht;  ein Saxophon klingt nicht wie ein durch Mikro/Kabel/Mischer/Kabel/Verstärker/Kabel/Lautsprecher gepresstes Opfer. Nein, es klingt wie ein Saxophon, in Ton, in Dynamik, in Ausdruck.

Meist läuft so ein Konzert in zwei Sets ab. In der Pause ist Zeit für lustvolle Konversation, für Spaß, für die Pflege von Kontakten und Freundschaften. Nach den Konzerten bleiben viele noch ein wenig zum Nachspüren und Ausklingen-Lassen. Da gesellen sich dann auch oft noch die Musiker dazu……………………….Bis man dann meist recht glücklich zu Hause angelangt ist und ein wenig Freude noch mit in den Schlaf nimmt.

DANKBARKEIT.

Dafür, die Zeit, Gelegenheit, Freiheit, das meist bescheidene Salär zu haben, so was in echt, live , in Wirklichkeit und Echtzeit miterleben zu dürfen.

Was für ein Geschenk!

Da gibt’s natürlich auch Adressaten, die die Fundamente für solche geistesarchitektonische Paläste legen. Die hier Angesprochenen machen das in beinahe selbstausbeuterischer Attitüde und so mancher im Publikum fragt sich: Warum tun die sich das an? Haben der Reinhard Spöck (Innenhofkultur), der Hans Jalowetz (Kulturforum Villach), der Gerhard Lehner (KE-Theater)( - um jetzt die wahnsinnigsten meiner kulturellen Nahversorger aufzuzählen / aber natürlich auch die Hundertschaft(en) an lieben Menschen, die es Ihnen im Rahmen ihrer Möglichkeiten gleichtun, in meine tiefe Verehrung miteinzubeziehen) denn nichts Besseres zu tun? Nein, haben Sie nicht! (nehme ich an ? – persönliche Nachfragen sind sicher willkommen…) Die Freude an den Künstlern, den Dingen, die sie hervorbringen und an der Freude der anderen anwesenden Genießer ist Motor und Kraftstoff zugleich.

Und so durfte ich bei New Edits ( Dank auch dem Verein Flechtwerk und vielen anderen engagierten Menschen) über Tage hinweg sensationell spannende und oft bisher ungehörte Töne, Emotionen und und Leistungen erleben. Und im Takt nur weniger Tage geht das jetzt wie gehabt weiter, zumindestens bis zum Jahresende, denn die weitere Gebarung in Bezug auf die „ Villa for Forest“  ist ab Jahreswechsel ungewiss und somit auch eine weitergeführte Bühne für den Verein Innenhofkultur. Vor allem musikalisch wäre das für die Musikkultur abseits eines kommerziellen Mainstreams in Klagenfurt ein Fiasko. Der Verlust des Feigenblatts der zeitgenössischen alternativen Szene in Klagenfurt. Hier wären wir dann nackt und ein trauriger Anblick. Ein weiterer Grund für die so dringend hier gebrauchten Quer- und Alternativdenker, sich abzuwenden und abzuwandern, wie es ja die meisten Jungen und überdurchschnittlich Gebildeten in Scharen schon seit Jahren tun.

Weiter nach Villach. Dort gab es im Kulturhofkeller innerhalb weniger Tage die ikonische Pianistin Aki Takase samt Ihrem Japanic –Ensemble sowie das Duo Elisabeth Harnik/Steve Swell zu bestaunen. Harnik, die beste Pianistin ihres Genres hier in Österreich; Swell, der momentan wahrscheinlich spannendste Posaunist weltweit.  Beides herrlich und am 4. und 5. Dezember geht es in Villach schon höchstkarätig weiter. In der Villa for Forest sogar schon am Samstag.

Liebe Leute, diese Geschenke sind, wenn erst einmal verstrichen: Vorbei, zerronnen, unwiederholbar. Bitte das zu berücksichtigen. Der Kuss, den ich als Teenager versäumt habe, ist Geschichte, ist ein Puzzlestein meines Wesens, der irgendwann leer geblieben sein wird. Das Essen aus leeren Schüsseln ist lustbefreit.

Also, liebe Leute, nehmt die Geschenke an , solange sie noch angeboten werden, verzichtet nicht auf den Genuss von Kunst und Kultur. Sie und vielleicht nur sie rechtfertigen unsere Anwesenheit auf diesem Planeten.Ich selbst würde ohne sie am Mensch-Sein verzweifeln!

So, genug der vorweihnachtlichen und vielleicht wettergetriggerten Predigt:

 

Heute im Glasperlenjazz :

Musik der aktuellen Platte von Aki Takase`s Japanik-Ensemble

Musik  der aktuellen Platte Ihres Saxophonisten Daniel Erdmann mit dem wunderbaren und zu Recht hochgejubelten Violinisten Theo Ceccaldi

Noch eine Erdmann-CD mit zwei der besten französischen Bassisten , Henri Texier und Claude Tchamitchian

Dann die DDR-Hymne gespielt von „ Das Kapital“

Und zu guter Letzt Steve Swells Fire into Music Ensemble mit Jameel Moondoc, William Parker und Hamid Drake

Miam, Miam…

 

Also hoffe ich, den Einen oder Anderen in diesen Breiten Beheimateten bei einem der nächsten Konzerttermine live zu begegnen und den Genuss uneigennützig zu teilen.J

Arnold