literadio – Zdenka Becker und Otto Ressler

literadio – Zdenka Becker und Otto Ressler

Zdenka Becker: Es ist schon fast halb zwölf

Hilde und Karl könnten einen beschaulichen Lebensabend verbringen, wäre da nicht Karls zunehmende Demenz und die bevorstehende Übersiedelung ins Altersheim. Am Dachboden findet Hilde eines Tages eine Kiste mit alten Briefen – und während das Gedächtnis ihres Mannes immer mehr nachlässt, wird die Vergangenheit für Hilde umso lebendiger. Die Briefe führen sie zurück in jene Zeit, als Karl und sie verlobt waren, getrennt durch familiäre Verpflichtungen, Karls Arbeit in Berlin – und das NS-Regime, das bald seinen Schatten über ihr junges Glück wirft. Als auch noch ein Hobbyhistoriker beginnt, Fragen nach dem Verschwinden von Hildes Nichte zu stellen, droht ihr das Geflecht aus Lügen, das sie um ihr Leben aufgebaut hat, zusehends zu entgleiten …

 

Otto Hans Ressler: Kardinal und Hure

Hier wird die Geschichte eines Gemäldes, das 1912 gemalt wurde, erzählt. Nach dem Tod des Künstlers hat ein jüdischer Sammler das Gemälde erworben, der es während der Nazi-Herrschaft unter Zwang (und weit unter Wert) einem Ariseur übelster Sorte verkaufen musste. Der Sammler und seine Frau wurden in einem Vernichtungslager der Nazis ermordet. Deren Kindern gelang die Flucht. Nach dem 2. Weltkrieg wurde das Gemälde zwar an die Kinder des Sammlers restituiert, aber vom Denkmalamt unter Ausfuhrverbot gestellt und wieder unter Zwang (und wieder weit unter Wert) dem Belvedere verkauft. In den 1950-er Jahren brachte ein Sammler die Republik Österreich dazu, Kardinal und Hure gegen ein anderes Gemälde zu tauschen.

Im Gespräch mit Daniela Fürst beschreibt Otto Hans Ressler die wahren Hintergründe, die seinem wohl fiktivem, aber nicht minder repräsentativen Roman zugrunde liegen. Die Geschichte des erfundenen Bildes Kardinal und Hure von Edmund Schwarz erinnert nicht nur an die Biografie Egon Schieles und an sein berühmtes Werk Kardinal und Nonne aus dem Jahre 1912, vielmehr erzählt diese Geschichte stellvertretend jene von wohl noch tausenden weiteren Kunstwerken, die von den Nazis geraubt und später von der Republik Österreich bis heute nicht an seine rechtmäßigen Besitzer_innen zurückgegeben wurden.

Eine Sendungsübernahme von Literadio - danke I hvala!